Apotheken sind für viele Menschen die erste Anlaufstelle bei Gesundheitsfragen, gerade im höheren Lebensalter. Damit besteht ein großes Potenzial, Mangelernährung früh zu erkennen, anzusprechen und die Versorgung zu unterstützen. Die folgenden sieben Ansatzpunkte zeigen, wie Apotheken diesen Beitrag Schritt für Schritt ausbauen können.
In der täglichen Beratung berichtet die Kundschaft häufig von Appetitverlust, ungewolltem Gewichtsverlust, anhaltender Müdigkeit oder Schwierigkeiten beim Essen. Solche Hinweise sind wertvoll. Mit wenigen, behutsam formulierten Fragen lässt sich klären, ob sich das Essverhalten verändert hat, ob Mahlzeiten ausgelassen werden oder ob Kochen und Einkaufen zunehmend schwerfallen. Die Apotheke stellt dabei keine Diagnose, sondern nimmt eine erste Einschätzung vor. Entscheidend ist, sensibel zu bleiben und darauf hinzuweisen, dass solche Veränderungen ärztlich oder ernährungsfachlich abgeklärt werden sollten.
Viele Arzneimittel können Appetit, Geschmack, Mundschleimhaut, Verdauung oder Nährstoffaufnahme beeinflussen. Beschwerden wie Übelkeit, Durchfall oder verändertes Geschmacksempfinden werden häufig zuerst in der Apotheke angesprochen. Hier kann das pharmazeutische Personal erklären, welche Nebenwirkungen bekannt sind, welche Auswirkungen sie auf die Ernährung haben können und wann eine Rücksprache mit der Arztpraxis sinnvoll ist. So wird verhindert, dass eine gut gemeinte Therapie unbeabsichtigt in eine Mangelernährung führt.
Trinknahrungen und andere energiereiche Zusatzprodukte sind für viele ältere oder geschwächte Menschen eine wichtige Unterstützung. Apotheken können helfen, geeignete Präparate auszuwählen, Unterschiede in Zusammensetzung und Geschmack zu erklären und gemeinsam zu überlegen, wie diese in den Tagesablauf integriert werden. Hinweise zur Einnahme (langsam trinken, gut kühlen, in kleinen Portionen über den Tag verteilt) erhöhen die Akzeptanz. Wichtig ist, die Anwendung an die ärztlichen Vorgaben anzulehnen und im Zweifel Rückfragen zu klären, damit Trinknahrung eingebettet bleibt in ein schlüssiges Ernährungskonzept.
Viele Personen greifen zu Vitaminpräparaten, Mineralstoffen oder weiteren Nahrungsergänzungsmitteln, oft in Eigenregie. Apotheken können hier sortieren: Wo ist eine Ergänzung sinnvoll, wo überflüssig oder sogar riskant? Es lassen sich Dosierungen prüfen, mögliche Überschneidungen mit anderen Produkten erkennen und Wechselwirkungen mit Medikamenten einordnen. Aufklärung über Einnahmezeitpunkte und Anwendungsdauer trägt dazu bei, dass Ergänzungen tatsächlich eine Lücke schließen und nicht nur das Gefühl vermitteln, „irgendetwas Gutes zu tun“.
Nicht jede ernährungsbezogene Frage lässt sich im Rahmen eines Apothekengesprächs abschließend klären. Umso wichtiger ist es, Wege aufzuzeigen. Apotheken können darauf hinweisen, dass Ernährungsberatung und ärztlich verordnete Ernährungstherapie möglich sind, und ermutigen, diese Angebote zu nutzen. Ein klarer Hinweis, die Hausarztpraxis oder eine spezialisierte Ernährungsberatung gezielt auf das Thema anzusprechen, macht aus einer allgemeinen Sorge einen konkreten nächsten Schritt. Damit wird die Apotheke zur Brücke zwischen eigener Wahrnehmung und professioneller Behandlung.
Menschen, die über längere Zeit auf Trink- oder Sondennahrung angewiesen sind, benötigen Kontinuität. Rezepte, Produktwechsel, Verträglichkeit und praktische Handhabung werfen immer wieder Fragen auf. Apotheken sind nahe an diesen Prozessen und können unterstützen, indem sie auf wiederkehrende Probleme aufmerksam machen, dazu ermutigen, Schwierigkeiten offen in der Behandlungspraxis anzusprechen, und bei Bedarf Rückfragen bündeln. So tragen sie dazu bei, dass Ernährungstherapien im häuslichen Umfeld nicht an praktischen Hürden scheitern, sondern langfristig tragfähig bleiben.
Nicht jede Apotheke wird umfangreiche Aktionstage zur Mangelernährung durchführen. Dennoch können gerade kleinere, gut planbare Impulse viel bewirken. Denkbar sind interne Kurzschulungen für das Team, in denen typische Warnzeichen und Gesprächsleitfäden besprochen werden. Im nächsten Schritt lassen sich einfache Präventionsformate erproben: ein Infotisch zum Thema „Essen im Alter“, ein Monatsfokus in der Sichtwahl, ein kurzer Hinweis im Beratungsgespräch bei Dauermedikation. Schrittweise kann sich so eine Apothekenkultur entwickeln, in der Ernährung selbstverständlich zur Gesundheitsberatung dazugehört – ohne dass der Arbeitsalltag aus den Fugen gerät.
Übrigens: Ernährungswandel begleitet Apotheken dabei und bietet für pharmazeutisches Personal gezielte Schulungen an. Dazu werden Konzepte bereitgestellt, die für eine alltagstaugliche Umsetzung in der Apotheke relevant sind.
Wenn Apotheken Mangelernährung mitdenken, profitieren nicht nur die Menschen, die sie aufsuchen. Auch das Berufsbild gewinnt. Das pharmazeutische Personal kann unterstreichen, dass es gesundheitliche Zusammenhänge versteht, verständlich macht und aktiv mitgestaltet. Ernährung wird als therapeutischer Faktor sichtbar, ohne anderen Berufsgruppen Aufgaben abzunehmen. Gerade in einer älter werdenden Gesellschaft kann diese erweiterte Rolle ein wichtiger Baustein einer guten, wohnortnahen Versorgung sein.
Am Ende ist es oft ein kurzer Satz, eine kleine Nachfrage, eine ruhige Erklärung, die den Unterschied macht. Apotheken haben jeden Tag viele solcher Gelegenheiten. Wer sie nutzt, stärkt nicht nur die eigene fachliche Position, sondern trägt ganz konkret dazu bei, Mangelernährung früher zu erkennen und besser zu behandeln.