Titelbild zu Adipositas mit Milliardenfolgen für die Gesellschaft und das Gesundheitssystem – warum Prävention jetzt Priorität hat
Gesundheit

Adipositas mit Milliardenfolgen für die Gesellschaft und das Gesundheitssystem
Warum Prävention jetzt Priorität hat

Deutschland ringt mit den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen von Adipositas. Neue internationale Befunde zeigen zugleich: Starkes Übergewicht ist längst kein Randphänomen mehr, sondern die dominierende Form von Fehl- und Mangelernährung bei Kindern und Jugendlichen weltweit. Das hat Konsequenzen – für Gesundheit, Bildung und die öffentlichen Haushalte.

Der Befund: Weltweit mehr adipöse als untergewichtige Kinder

Ein aktueller Unicef‑Ernährungsbericht dokumentiert eine markante Verschiebung. Während der Anteil untergewichtiger 5- bis 19-Jähriger seit 2000 global von etwa 13 auf rund 9 Prozent sank, hat sich die Zahl fettleibiger Kinder und Jugendlicher verdreifacht – von 3 auf über 9 Prozent. In vielen Regionen ist Adipositas inzwischen häufiger als Untergewicht, Ausnahmen sind Südasien und Subsahara‑Afrika. Besonders betroffen sind wohlhabende Staaten: In Chile liegt die Quote adipöser Kinder und Jugendlicher bei 27 Prozent, in den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten bei rund 21 Prozent. Auch in Deutschland zeigt sich ein alarmierender Trend – laut Bericht ist jedes vierte Kind übergewichtig, 8 Prozent gelten als adipös. Das Problem: Übergewicht entwickelt sich zur Norm.

Deutschland: hohe Kosten, steigender Druck

Die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen sind massiv: Laut Berechnungen der Universität Hamburg verursachen adipositasbedingte Erkrankungen in Deutschland jährlich direkte Kosten von rund 29 Milliarden Euro. Werden Arbeitsausfälle, Frühverrentungen und weitere indirekte Belastungen einbezogen, summieren sich die Kosten sogar auf über 63 Milliarden Euro – das sind fast neun Prozent aller Krankheitskosten in Deutschland.

Ursachen: Ernährungsumgebung schlägt guten Willen

  • Allgegenwärtige, preisgünstige, stark verarbeitete Lebensmittel mit hohem Zucker‑, Fett‑ und Salzgehalt verdrängen Obst, Gemüse und proteinreiche Grundnahrungsmittel.
  • Aggressives, digital ausgespieltes Marketing adressiert gezielt Kinder und Jugendliche.
  • Verdichtete Tagesabläufe, wenig Zeit zum Kochen und häufige Außer‑Haus‑Verpflegung begünstigen kalorienreiche, nährstoffarme Optionen.
  • Weniger Alltagsbewegung verstärkt die Energiebilanz in Richtung Gewichtszunahme.

Gesundheitliche und soziale Auswirkungen

Bereits im Kindesalter steigt durch Adipositas das Risiko für Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Leiden und bestimmte Krebsarten. Außerdem leiden betroffene Kinder häufiger unter Stigmatisierung, psychischer Belastung und Lernproblemen – mit Folgen, bis ins Erwachsenenalter.

Was wirkt: Politik, Prävention, Praxis

  • Vorbeugen ist besser als behandeln: Präventionsprogramme für gesunde Ernährung und Bewegung lohnen sich – gesellschaftlich und finanziell.
  • Regeln für die Ernährungsumgebung: Werbebeschränkungen für ungesunde Kinderlebensmittel, klare Nährwertkennzeichnung, gesündere Standards in Kitas und Schulen. Mexiko zeigt, dass Verbote für stark verarbeitete, zucker‑, salz‑ oder fettreiche Produkte in öffentlichen Schulen Millionen Kinder erreichen können.
  • Faire Preissignale: Steuern auf stark gezuckerte Getränke und Subventionen für frische, nährstoffreiche Lebensmittel.
  • Ernährungsbildung ausbauen: Alltagsnahe, frühzeitige Aufklärung und gezielte Angebote für sozial benachteiligte Gruppen sind essenziell.
  • Mehr Bewegung fördern: Schulen und Kommunen können viel tun, um Bewegung selbstverständlich zu machen.

Fazit

Adipositas ist in Deutschland ein Gesundheits‑ und Wirtschaftsproblem ersten Ranges – und global ein Zeichen veränderter Ernährungswelten. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Ohne eine präventionsorientierte Ernährungspolitik, die Marketing reguliert, gesunde Optionen erleichtert und Bildung stärkt, werden die Kosten weiter steigen.

Hinweis: DAG‑Kongress im Oktober

Die Deutsche Adipositas‑Gesellschaft (DAG) veranstaltet im Oktober ihren jährlichen wissenschaftlichen Kongress. Im Mittelpunkt stehen aktuelle Forschungsergebnisse, Leitlinien zur Diagnostik und Therapie, Prävention in Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen, Versorgungsstrukturen sowie Public‑Health‑ und Politik‑Impulse. Erwartet werden interdisziplinäre Sessions, Workshops und Networking für Medizin, Ernährungs‑ und Sportwissenschaft, Psychologie, Pflege, Pädagogik und Gesundheitspolitik.

  • Zeitraum: 08.10. - 10.10.2025
  • Ort: Haus der Wirtschaft Stuttgart
  • Informationen: dag‑dgess.de

Quellen

  • UNICEF: Prevention of Overweight and Obesity in Children and Adolescents
  • Deutsche Adipositas‑Gesellschaft: Kosten adipositasassoziierter Erkrankungen in Deutschland

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